Biofilme in der Endoskopie
Vorkommen und Bedeutung
Als Biofilme bezeichnet man mikrobiologische Gemeinschaften, die an Oberflächen angelagert sind. Diese bestehen aus zwei Hauptkomponenten: 1.Mikroorganismen, dies sind unterschiedliche Bakterien, Hefe-und Schimmelpilze oder Algen und sie machen ca. 20% des Biofilms aus. 2. Die restlichen 80% sind die sogenannten extrazellulären polymeren Substanzen (EPS). Dabei handelt es sich um all die Komponenten, die den Mikroorganismen in der Umgebung zur Verfügung stehen, um einen Biofilm aufzubauen. Es handelt sich dabei hauptsächlich um organische Bestandteile.
Biofilme entstehen immer an Grenzschichten. Bevorzugt formen Mikroorganismen diese in Übergangsbereichen verschiedener Aggregatzustände, wie fest und flüssig (z. B. Wasserleitungen) oder fest und gasförmig (z. B. Endoskopkanäle). Damit die Mikroorganismen mit der Bildung eines Biofilms beginnen, brauchen sie optimale Lebensbedingungen, d. h. es müssen ausreichend Nährstoffe vorhanden sein sowie Feuchtigkeit, der passende pH-Wert und auch die richtige Temperatur. Zudem spielt die Oberflächenbeschaffenheit eine wichtige Rolle. Wenn Mikroorganismen sich nicht an einer Fläche anhaften können, dann kann auch kein Biofilm entstehen. Raue und beschädigte Oberflächen stellen somit ein erhöhtes Risiko für eine Biofilmbildung dar.
Mikroorganismen in Biofilmen verhalten sich in der Regel ganz anders als deren „freilebende“ Artgenossen, die sogenannten planktonischen Zellen. In der Biofilmmatrix entsteht für die Mikroorganismen eine gewisse „Komfortzone“. Sie kommen mit einem verringerten Stoffwechsel aus, was zu einer erhöhten Lebensdauer führen kann. Außerdem sind sie durch die EPS vor äußeren Einflüssen geschützt (z.B. Fressfeinde, Desinfektionsmittel) und können durch eine Biofilm-interne Kommunikation schneller auf Stresssituationen reagieren. Es besteht eine Gemeinschaft, von der alle beteiligten Mikroorganismen profitieren.
Solange die Mikroorganismen im Biofilm bleiben, stellen sie keine explizite Gefahr dar. Es werden jedoch immer wieder auch lebende Zellen aus dem Biofilm an die Umwelt abgegeben. Und wenn es sich dabei um potentielle Pathogene oder Verderbniserreger handelt, besteht ein Risiko für Patient, Personal und/oder Produkt. Zudem wird der Biofilm u. a. aus den Bestandteilen seiner Umgebung gebildet. Somit kann er Einfluss auf den Zustand der Materialien haben, auf denen er entsteht (z. B. Beschädigung von Endoskopkanälen).
Der beste Weg ist, bereits die Entstehung eines Biofilms zu verhindern. Wenn Mikroorganismen keine optimalen Bedingungen vorfinden, beginnen sie auch nicht mit der Ausbildung eines Biofilms. Unbeschädigte Oberflächen, Vermeidung von Feuchtigkeit und die Einhaltung bestimmter Temperaturen sind Grundvoraussetzung. Somit ist für Endoskope eine ziel- und sachgerechte Aufbereitung und entsprechende Lagerung (u.a. trocken, keine zu hohe Temperatur) unabdingbar. Beschädigungen müssen vermieden oder umgehend behoben werden. Wenn ein bestehender Biofilm entfernt werden soll, muss der erste Schritt immer eine gute Reinigung sein. Dadurch wird die Biofilmmatrix aufgebrochen und entfernt. Zudem werden die im Biofilm lebenden Mikroorganismen freigesetzt und haben keinen Schutz mehr vor Desinfektionsmitteln. Nur in diesem gereinigten Zustand kann eine anschließende Desinfektion erfolgreich sein.
Biofilme können in vielen Bereichen zu einem Problem werden. Die Voraussetzung zur Vermeidung von Biofilmen in Endoskopen ist ein sachgerechter Umgang mit den Instrumenten. Die Pflege, Unversehrtheit und eine gründliche Aufbereitung sind beste Voraussetzungen für die Vermeidung einer Biofilmproblematik.
Dr. Johannes Lenz,
Leitung Mikrobiologie und Hygiene