Enzyme
Grundlagen unserer Rohstoffe
Enzyme sind in der belebten Natur allgegenwärtig und erfüllten ihre spezifischen Aufgaben lange, ohne dass es der Menschheit bewusst war. Die Herstellung von Bier, Brot und Käse ist seit vielen tausend Jahren bekannt. Die dabei beteiligten Enzyme, die die Fermentation hervorrufen, konnten schon frühere Generationen geschickt kultivieren, um diese Lebensmittel herzustellen. Allerdings war die Wirkungsweise lange unklar und die Anwendung nur auf lebende Zellen beschränkt. Erst Ende des 19. Jahrhunderts gelang es, Enzyme in Zellen als Wirkungsursache zu isolieren und damit deren katalytische Eigenschaften in vitro zu untersuchen. Anfang des 20. Jahrhunderts wurde die Wirkung von Enzymen durch das sogenannte „Schlüssel-Schloss-Prinzip“ erklärt. Ein Enzym stellt dabei ein Schloss dar, in das nur ein klar definierter und strukturell eng begrenzter Schlüssel passt. Dieses Postulat, das die hohe Spezifität von Enzymen erklärt, hat noch heute seine Bedeutung. Pankreasenzyme wurden schon 1914 in Waschmitteln eingesetzt. Die verbreitete Verwendung in der Reinigung begann Ende der 1960er Jahre zunächst in Waschpulvern, wo sie schnell auf eine hohe Marktakzeptanz trafen.
Auch bei Dr. Weigert werden Enzyme als Rezepturkomponente schon seit Mitte der 70er Jahre in Pulverrezepturen für die Medizinprodukteaufbereitung eingesetzt. In flüssigen Reinigern wird die Stoffklasse seit 1990 sowohl im Medizin- als auch im Küchenhygienesektor verwendet. Dafür steht stellvertretend das Produkt neodisher® BioClean, dessen patentgeschützte Rezeptur eine Innovation darstellte. In der Instrumentenaufbereitung sind die enzymhaltigen und patentierten Rezepturen der Produkte neodisher® MediZym, neodisher® MediClean und neodisher® MediClean forte Beispiele für innovative Reiniger auf Basis von Enzymen, die Standards gesetzt haben.
Enzyme sind Katalysatoren, die an der Durchführung einer chemischen Reaktion beteiligt sind, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Sie setzen beispielsweise die Reaktionstemperaturen herunter und ermöglichen damit überhaupt erst eine Reaktion unter den gegebenen Bedingungen. Anschließend sind sie wieder einsatzfähig und können diese Reaktion erneut katalysieren. Das führt dazu, dass Enzyme nur in geringen Mengen eingesetzt werden müssen und trotzdem eine signifikante Wirkung im Hinblick auf die gewünschte Reaktion haben. Für die Anwendung in Wasch- und Reinigungsprozessen bedeutet das, dass nur geringe Mengen von Enzymen den Einsatz starker Alkalien oder hoher Temperaturen durch den spezifischen Angriff auf die abzureinigende Verschmutzung überflüssig macht. Sie wandeln dabei anhaftenden Schmutz unter milden Bedingungen in die Einzelkomponenten um, die dann mobilisiert in der Waschflotte abtransportiert werden können.
Die unterschiedlichen Enzymklassen spalten spezifisch verschiedene Produkte in ihre Bausteine: Amylasen spalten Stärke/Kohlenhydrate, Proteasen spalten Proteine und Lipasen Fette (von oben nach unten)
Chemisch handelt es sich bei Enzymen um langkettige Proteine. Diese Ketten, die aus einzelnen Aminosäuren biochemisch herstellt werden, bilden sogenannte Primärstrukturen, die sich in Unterstrukturen falten können. Dabei bilden sich definierte Taschen und reaktive Zentren, in denen die eigentliche Reaktion stattfindet. Durch die chemische Struktur als aminosäurebasierte Biomoleküle sind Enzyme selbst leicht chemischen Angriffen ausgesetzt. So erfordert die Formulierung einer enzymhaltigen Rezeptur Rücksicht auf die weiteren Bestandteile, damit das Enzym nicht schon vor dem Einsatz bei der Lagerung so geschädigt wird, dass es nur noch einen geringen Beitrag zum Reinigungsprozess leisten kann. So sind sie nur bei mildalkalischen pH-Werten einsetzbar. Bei pH-Werten > 10 werden Enzyme in der Regel inaktiviert und gehen für die Reinigungsaufgaben verloren. Auch ein hoher Wasseranteil, bestimmte Tensidklassen, starke Komplexbildner oder bestimmte Oxidationsmittel gilt es bei der Formulierung zu vermeiden. Andererseits benötigen enzymhaltige Rezepturen Tenside, Dispergierhilfsmittel, Komplexbildner und weitere Inhaltsstoffe, um die Leistung der Enzyme optimal auszunutzen. Enzyme als Rohstoffe sind selbst Formulierungen, die mit Calciumionen und weiteren Salzen, sowie spezifischen Stabilisatoren die beschriebene Faltung und Aktivität der reaktiven Zentren gewährleisten.
Von allen verwendeten Rohstoffen, die zur Formulierung von Wasch- und Reinigungsmitteln eingesetzt werden, besitzen Enzyme aufgrund ihrer Faltung die mit Abstand größte Spezifität. Sie können nur sehr eng bemessene Aufgaben erfüllen, diese aber dafür mit hoher Präzision. Im Gegensatz zu anderen Formulierungsrohstoffen sind sie nicht multipel einsetzbar, sondern werden aufgrund ihrer Substratspezifität, gemäß dem Schlüssel-Schloss-Prinzip, nur für die Abreinigung genau definierter Verschmutzungen einformuliert.
Enzyme arbeiten nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip: Wie ein Schlüssel passt ein bestimmtes Substrat zu der Struktur eines Enzyms, das das Substrat spezifisch spaltet. Hier wird schematisch gezeigt, wie das Disaccharid Sucrose von dem Enzym Sucrase in die beiden Einzelbausteine, die Monosaccharide Fructose und Glucose, gespalten wird.
Proteolytische Spaltung: ein Protein (das Substrat) wird mit Hilfe des substratspezifischen Enzyms Protease in kleine Einheiten aufgespalten
Dr. Weigert setzt Enzyme ein, die in den Bereichen der maschinellen und manuellen Medizinprodukteaufbereitung, sowie im maschinellen Geschirrspülen Anwendung finden. Die dort auftretenden Verschmutzungen sind Proteine, Stärke, Fette oder spezielle Verdicker.
Diese Enzyme bringen die oben beschriebene Spezifität für diese Reinigungsherausforderungen mit:
Proteasen
Proteasen sind bei Dr. Weigert die verbreitetste Enzymklasse. Da Proteine einen Hauptbestandteil des Bluts ausmachen, werden Proteasen vor allem in Rezepturen eingesetzt, die für die maschinelle und manuelle Medizinproduktereinigung ausgelobt werden. Hier sorgen sie für die Spaltung der Blutproteine in kleinere Fragmente, die vom Spülgut abgelöst werden und in die Spülflotte übergehen.
Da Proteasen selbst aus Proteinen bestehen, muss verhindert werden, dass sie sich selbst eigenkatalytisch deaktivieren. Dazu wird die Enzymformulierung so stabilisiert, dass die Enzyme erst unter den Bedingungen der Reinigung in der Waschflotte, z.B. durch die Temperatur oder den pH-Wert ihre Wirkung entfalten.
Amylasen
Neben Proteinen sind Stärkereste aus Lebensmitteln eine der Verschmutzungen, die besonders in der Küchenhygiene anfallen. Deshalb setzt man hier Amylasen ein, die Stärke, welche aus langen Kohlenhydratketten besteht, in einzelne Mono- oder Oligosaccharide spaltet. Die kürzeren Strukturen werden dadurch wasserlöslich und können über die Spülflotte entsorgt werden. Auch Amylasen bestehen aus Proteinen. Bei gleichzeitiger Verwendung von Proteasen wird auch hier durch spezielle Stabilisierungsadditive verhindert, dass diese die Amylasen selbst angreifen.
Enzyme sind selbst Proteine, die als Biokatalysatoren wirken und spezifische 3D-Strukturen besitzen: Aus Aminosäuren bilden sich Ketten (Primärstrukturen), die sich in Unterstrukturen falten können (Sekundär- und Tertiärstruktur). Dabei bilden sich Taschen und reaktive Zentren, in denen die Reaktion stattfindet
Lipasen
Fette bestehen aus Fettsäuren, die mit Glycerin verestert sind. Lipasen spalten diese Ester wieder in die Bestandteile Glycerin und Fettsäuren. Damit werden sie von der Oberfläche mobilisiert und können im Reinigungsprozess entfernt werden.
Mannanasen
Verarbeitete Lebensmittel wie Speiseeis, Tomatensoße oder Salatdressing enthalten häufig Verdicker wie Guarkernmehl, das der Zubereitung Textur verleiht. Diese Enzymklasse spaltet diese als Galactomannane bezeichneten Kohlenhydrate in die beiden Zucker Mannose und Galactose. Dr. Weigert verwendet Mannanasen nur in Produkten für das maschinellen Geschirrspülen.
Das Angebot an neuen und weiterentwickelten Enzymen ist vielfältig und unterliegt einem ständigen Innovationszyklus. Auch Dr. Weigert nimmt an dieser Entwicklung teil. Regelmäßig werden uns neue Enzyme vorgestellt, deren Leistungsspektrum von uns geprüft und die ggf. bei Neu- oder Weiterentwicklungen eingesetzt werden. Das Einsatzspektrum von Enzymen ist noch lange nicht ausgereizt
Dr. Matthias Springer Leitung
Forschung & Entwicklung